1. Halbjahr2015/2016Schuljahre

„In die­sem Jahr, in dem so vie­le Flücht­lin­ge auch die Eifel erreicht haben, hat der Monat der Welt­mis­si­on eine ganz beson­de­re Bedeu­tung“, begrüß­te der Leh­rer Gerd Weim­bs die Ober­stu­fen­schü­ler des Stein­fel­der Her­mann-Josef-Kol­legs. „Jetzt erfah­ren wir die Fol­gen des­sen, was welt­weit los ist, erst­mals auch haut­nah hier bei uns.“ Was genau dort los ist, wo Schwes­ter Yus­ta Tesha lebt und arbei­tet – in San­si­bar – berich­te­te sie den Schü­lern auf Ein­la­dung des Hilfs­werks „Mis­sio“. Des­sen Mit­ar­bei­te­rin Anke Reer­mann über­setz­te die Aus­füh­run­gen der 50-jäh­ri­gen Ordens­schwes­ter, die auf Eng­lisch refe­rier­te. In der Aula war es wäh­rend­des­sen mucks­mäus­chen­still, die Schü­ler hör­ten inter­es­siert zu.
Schwes­ter Yus­ta stammt aus Tan­sa­nia. „Dort hält sich das Ver­hält­nis von Chris­ten und Mus­li­men in etwa die Waa­ge.“ Anders sei das in San­si­bar, der Insel im indi­schen Oze­an, auf der sie jetzt lebt und für ihr Bis­tum eine Ent­wick­lungs­sta­ti­on lei­tet: „Dort machen die Mus­li­me heu­te rund 98 Pro­zent aus, die übri­gen Men­schen sind Chris­ten oder ande­rer Reli­gio­nen.“ Seit den 1990er Jah­ren kommt es immer wie­der zu Aus­schrei­tun­gen, die die Ordens­frau so erklärt: „Damals wur­de ein mul­ti­ples Par­tei­en­sys­tem ein­ge­führt, wodurch auch klei­ne, teils fun­da­men­ta­lis­ti­sche Grup­pen an der Regie­rung betei­ligt wur­den.“ Es kommt immer wie­der zu Unru­hen, in den Jah­ren 2012/2013 wur­de ein Pries­ter getö­tet, ein ande­rer ver­letzt. „Wir bemü­hen uns um einen inter­re­li­giö­sen Dia­log“, berich­tet Schwes­ter Yus­ta, „Chris­ten und Mos­lems kom­men regel­mä­ßig zusam­men und bespre­chen Pro­ble­me – um zusam­men zu leben wie Brü­der und Schwes­tern.“
Zuvor war das Zusam­men­le­ben lan­ge Zeit pro­blem­los, was die Chris­tin auf das Ein­tref­fen der ers­ten Mis­sio­na­re vor rund 150 Jah­ren zurück­führt. „Der dama­li­ge Sul­tan frag­te, was sie auf San­si­bar wol­len.“ Die Ant­wort habe ihm gefal­len: „Wir sind hier, um den Men­schen Fähig­kei­ten bei­zu­brin­gen. Gleich­zei­tig möch­ten wir ler­nen, wie ihr lebt.“ Der Sul­tan tole­rier­te die Mis­sio­na­re, nicht zuletzt auch, weil sie sich um die Armen küm­mer­ten, Gesund­heits­zen­tren und Kin­der­gär­ten ein­rich­te­ten.
Auch ihrem Orden, den „Evan­ge­li­zing Sis­ters of Mary“ sei es ein Haupt­an­lie­gen, den armen Men­schen in Afri­ka zu die­nen. Dies gesche­he auf viel­fa­che Wei­se: durch Kate­che­se und mit dem Auf­bau von Gesund­heits­zen­tren sowie sozia­len Diens­ten etwa. Auf San­si­bar küm­mert sich Schwes­ter Yus­ta ins­be­son­de­re um benach­tei­lig­te Frau­en und Mäd­chen. „Ich gebe bei­spiels­wei­se Work­shops für Frau­en und spre­che mit ihnen über ihre Rech­te und die der Kin­der, die oft nicht respek­tiert wer­den.“ Wich­tig sei etwa, die Frau­en zu ermu­ti­gen, ihre Kin­der in die Schu­le zu schi­cken – auch die Mäd­chen. Auch Armut und Aids sei­en bren­nen­de The­men.
Im Sin­ne der Hil­fe zur Selbst­hil­fe fährt die Ent­wick­lungs­sta­ti­on mehr­glei­sig: So legt die Ordens­frau mit den Frau­en etwa klei­ne Gemü­se­gär­ten an — zum einen zur Selbst­ver­sor­gung, aber auch, damit sie sich mit Ver­käu­fen auf dem Markt eige­nes Geld ver­die­nen kön­nen. Ähn­lich ver­hält es sich mit Klein­vieh, das Schwes­ter Yus­ta für die Fami­li­en besorgt.
„Das größ­te Pro­blem ist der Men­schen­han­del“, berich­tet die Tan­sa­nie­rin. Denn der blü­he immer noch, ins­be­son­de­re jun­ge Frau­en fie­len ihm zum Opfer. „Sie wer­den mit fal­schen Ver­spre­chun­gen von zu Hau­se weg­ge­lockt.“ In ande­re Län­der gebracht, wür­den sie als Haus­halts­hil­fe aus­ge­beu­tet oder zur Pro­sti­tu­ti­on gezwun­gen. Schwes­ter Yus­ta unter­stützt und stärkt die Frau­en, denen es gelingt, zu flie­hen. Gleich­zei­tig ver­sucht sie mit Auf­klä­rungs­ar­beit für das The­ma zu sen­si­bi­li­sie­ren.
Hin­ter­grund:
Tan­sa­nia gehört zu den ärms­ten Län­dern der Welt. Auf dem Index der mensch­li­chen Ent­wick­lung (HDI) nimmt es nur Rang 159 unter 187 Staa­ten ein. Die Mehr­heit der 49 Mil­lio­nen Ein­woh­ner lebt als Selbst­ver­sor­ger auf dem Land.
Die Infra­struk­tur ist extrem schlecht. Es gibt kaum Stra­ßen. Das staat­li­che Gesund­heits­sys­tem ist maro­de, der Bil­dungs­stand vie­ler Men­schen sehr nied­rig. Selbst vom Tou­ris­mus, der zu den wich­tigs­ten Ein­kom­mens­quel­len Tan­sa­ni­as gehört, pro­fi­tie­ren nur weni­ge. In die­sem Jahr war Tan­sa­nia Schwer­punkt­land im Monat der Welt­mis­si­on, einem Pro­jekt des katho­li­schen Hilfs­werks Mis­sio.
Text und Bil­der: pp/Agentur Pro­fi­Press