Die Fach­schaft & Aktu­el­les

“Man sieht nur, was man weiß.”

Die Fach­schaft Phi­lo­so­phie ist im Kanon der Gesell­schafts­wis­sen­schaf­ten seit 1981 fes­ter Bestand­teil am Her­mann — Josef — Kol­leg Gym­na­si­um Stein­feld. Mit ein bis zwei Kur­sen pro Jahr­gangs­stu­fe EF, Q1 und Q2 wird die­ses Fach von zwei Fach­kol­le­gin­nen (Frau Woll­gar­ten und Frau Frings) gelehrt. Als Leis­tungs­kurs wur­de Phi­lo­so­phie über vie­le Jah­re zusätz­lich ange­bo­ten.

Was ist Phi­lo­so­phie und was will Phi­lo­so­phie?

Aus­gangs­punkt und End­punkt aller phi­lo­so­phi­schen Betrach­tung ist die beschei­de­ne Aus­sa­ge des Sokra­tes: “Ich weiß, dass ich nichts weiß”. Nun könn­te man lako­nisch ant­wor­ten, dann brau­che ich auch kei­ne Phi­lo­so­phie zu betrei­ben. Dem Prag­ma­ti­ker genügt die­se Aus­sa­ge und er been­det die phi­lo­so­phi­sche Betrach­tung. Der Phi­lo­soph fängt an die­ser Stel­le erst an und erkennt, dass vie­le Fra­ge­stel­lun­gen der moder­nen Wis­sen­schaf­ten schon in ihren Grund­zü­gen von den grie­chi­schen Phi­lo­so­phen ange­dacht und pro­ble­ma­ti­siert wor­den sind. Wenn am Schwei­zer For­schungs­zen­trum Cern 2011 eine Grund­säu­le der Phy­sik ins Wan­ken gerät, wenn näm­lich Albert Ein­steins Theo­rie, dass sich nichts schnel­ler bewe­ge als Licht, durch die Beob­ach­tung von sub­ato­ma­ren Teil­chen mit Über­licht­ge­schwin­dig­keit unter Umstän­den gestürzt wer­den könn­te, dann ist die Phi­lo­so­phie wie­der in dem schon von Pla­ton und Aris­to­te­les aus­ge­tra­ge­nen Dis­put, ob die letz­ten nicht mehr teil­ba­ren ( a — tomos ) Teil­chen von Mate­rie noch mate­ri­ell sind, wie Aris­to­te­les als Arzt behaup­te­te, oder imma­te­ri­ell, wie das sein Leh­rer Pla­ton ver­trat. Die letz­ten unteil­ba­ren Mate­rie­teil­chen sei­en klei­ne Drei­ecke, deren Spit­zen wir spä­ter, wenn wir uns z.B. sto­ßen, schmerz­haft zu spü­ren bekä­men, sagt Pla­ton. Pla­ton und Aris­to­te­les konn­ten kei­ne Lösung fin­den und auch die moder­ne Phy­sik hat sie noch nicht end­gül­tig gefun­den, denn wenn man Ein­steins For­mel E=mc2 als Para­dig­ma stür­zen soll­te, dann sind wir Zeit­zeu­gen eines vom ame­ri­ka­ni­schen Wis­sen­schafts-theo­re­ti­ker Tho­mas S. Kuhn her­aus­ge­stell­ten Para­dig­men­wech­sels, der viel­leicht alle 500 Jah­re vor­kommt. Und so könn­te man die Über­schrift: “Man sieht nur, was man weiß”, neu for­mu­lie­ren in eine Fra­ge­stel­lung: “Weiß man, was man sieht?” Wel­ches Aben­teu­er kann Wis­sen­schaft sein, wenn man bereit ist, sich dar­auf ein­zu­las­sen.

Und das will Phi­lo­so­phie ver­mit­teln:

Das Theo­re­ti­sie­ren ist wie Aris­to­te­les in sei­ner Eudä­mo­nis­ti­schen Ethik behaup­tet, das größ­te Glück des Men­schen. Aber, so schreibt Aris­to­te­les als prag­ma­ti­scher Medi­zi­ner auch ein­schrän­kend, das Glück im Theo­re­ti­sie­ren ist nur weni­gen Men­schen vor­be­hal­ten.

Regi­ne Woll­gar­ten

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