Eine Erneuerung der katholischen Kirche bewirkte das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965. Um die Erkenntnisse daraus nachempfinden zu können, unternahm ein Religionskurs des Hermann-Josef-Kollegs Steinfeld einfach ein Drittes Vatikanisches Konzil.
Die Idee dazu entstammt einer spontanen Äußerung von Christian Reintges, einem der 27 Schülerinnen und Schüler im Alter von 17 und 18 Jahren im Grundkurs Q2 der im Salvatorianerkloster Steinfeld in Kall ansässigen Schule. Eigentlich ironisch gemeint, nahmen Kurs und Lehrer Michael Schmitz den Anstoß begeistert auf. Ein vierköpfiges Team, zu dem neben Reintges Valentin Hochgürtel, Emil Sprunkel und Luka Delac zählten, organisierte dazu Themen und Ablauf. „Der Gedanke dahinter war auch, dass man für aktuelle Themen einen Ansatz hat, um darüber zu diskutieren. Also nicht zu verändern, sondern einfach darüber ins Gespräch zu kommen“, erzählt Michael Thelen, dem in dem Konzil eine besondere Rolle zuteil wurde. In einer geheimen Wahl wurde er unter sechs Bewerbern zum Papst bestimmt. Die restlichen Schüler mussten sich in Arbeitsgruppen zu den Themen wie Umgang mit anderen Religionen, Zölibat, Aktualisierung von Gottesdiensten, Frauen als Priester, aber auch Abtreibung und Homosexualität informieren, um dann an ihren Konstitutionen arbeiten zu können. Sowohl Gruppen als auch Themen wurden ihnen dabei zugelost. Zudem erhielten einige Schüler den Auftrag, speziell konservative oder liberalere Standpunkte zu vertreten, um eine Diskussion zu entfachen. Der Rest sollte für sich eine Position auswählen. Der Papst hatte dabei eine übergeordnete Rolle. Er persönlich habe sich auf alles vorbereitet, um einen groben Überblick und somit eine Ahnung von dem zu haben, was geredet wurde, erzählt Michael Thelen. „Meine Aufgabe war es eigentlich nur, zu moderieren, um die Diskussion in Gang zu halten.“
Tradition im Gottesdienst als Struktur im Leben oder als eine Art Diskussion?
Dabei stand unter anderem die Struktur eines Gottesdienstes im Blickpunkt. „Da war die konservative Meinung natürlich, dass man der Tradition folgen sollte und den Gottesdienst so belassen, wie er heute ist“, unterstreicht Emil Sprunkel, „damit die Menschen eine gewisse Struktur am Ende der Woche haben in ihrem alltäglichen Leben, das eigentlich pures Chaos ist.“ Die liberale Position ließ dagegen durchaus Änderungen zu. „Ein Vorschlag war, dass man die Predigt ändert, dass sich nicht immer einer vorne hin
stellt und etwas erzählt, sondern dass man das in einer Art Diskussion ablaufen lässt“, erinnert sich Katharina Blens.
Die Einstellung, dass Sexualität nichts mit dem Glauben zu tun haben muss
Manche Themen wie Homosexualität erzeugten beim überwiegenden Teil eine liberale Einstellung, wie Leonie Trösch verdeutlicht: „Dass Homosexuelle genauso gläubig sein können wie Heterosexuelle. Dass die Sexualität nichts mit Glauben zu tun haben muss.“ Andere halfen, die eigene Vorstellung zu überdenken, wie in Sachen Abtreibung: „Dass man dafür die Verantwortung zu tragen hat“, äußert Leon Engel: „Das ist ja auch ein Mensch, auch ein Lebewesen.“ Auch wenn nicht an den Grundfesten des Glaubens gerüttelt wurde, hatte das Konzil doch so manche Lerneffekte. Finn Tausch empfand, dass bei grobem Hinsehen Kirche „total altbacken“ wirke, „aber wir haben gelernt, dass die Kirche gar nicht so altbacken ist. Kirche ist in vielen Dingen sehr offen.“ Dadurch, dass er sich selbst informieren und recherchieren musste, fühlte sich beispielsweise Emil Sprunkel nicht gelenkt wie bei vorgelegten Texten. Saskia Mäder wiederum empfand das Thema sehr abwechslungsreich und sehr interaktiv, auch weil „wirklich jeder mit einbezogen wurde. Somit bleibt das auch viel eher im Gedächtnis.“
Text und Bilder: Arne Schenk, veröffentlicht in der Kirchenzeitung des Bistums Aachen