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Wirt­schaft, Geld­po­li­tik und das Zins­we­sen schei­nen auf den ers­ten Blick ein nur für Ken­ner ver­ständ­li­ches Gewirr aus Zah­len, Kur­ven­ver­läu­fen und Fach­wör­tern zu sein. Den Schü­le­rin­nen und Schü­lern der Ober­stu­fe des Sek­tors Q2 wur­de die­se The­ma­tik in Form eines Vor­tra­ges der Deut­schen Bun­des­bank ein wenig näher gebracht. Am Mon­tag, den 11.01.2016, ver­such­ten zwei Refe­ren­ten den jun­gen Ler­nen­den die Basis des euro­päi­schen Geld­sys­tems auf­zu­schlüs­seln.
Grund­le­gend muss dabei berück­sich­tigt wer­den, dass durch die Zusam­men­schlie­ßung der Län­der Euro­pas sowie das gemein­sa­me Ziel einer ein­heit­li­chen Wäh­rung alle EU Län­der sozu­sa­gen “in einem Boot sit­zen”. Das Euro­päi­sche Sys­tem der Zen­tral­ban­ken (ESZB) ist dem­entspre­chend aus der Euro­päi­schen Zen­tral­bank, den Zen­tral­ban­ken der 19 Euro­län­der (wel­che das Euro­sys­tem bil­den (EZB)) sowie den Zen­tral­ban­ken der neun Nicht-Euro­län­der (EU) auf­ge­baut. Hier­aus bil­den sich zwei poli­ti­sche Ent­schei­dungs­gre­mi­en, wel­che die Ein­füh­rung des Euros anstre­ben bzw. die Geld­men­gen auf dem euro­päi­schen Markt regu­lie­ren. Dabei han­delt das ESZB nach bestimm­ten Leit­prin­zi­pi­en: Als obers­te Auf­ga­be sieht es die Siche­rung der Preis­sta­bi­li­tät, d.h. in die­sem Fal­le eine gere­gel­te Infla­ti­ons­ra­te von 2%. Eine Defla­ti­on, eine Sen­kung des Preis­ni­veaus, lässt sich kaum kon­trol­lie­ren geschwei­ge denn stop­pen. Folg­lich soll die­se Rate einen “Puf­fer” bil­den. Es wird mit­tel­fris­tig eine akzep­ta­ble Infla­ti­on ange­strebt.
Um aller­dings die­se selbst­lau­fen­den Pro­zes­se zu steu­ern, muss zunächst ein­mal mit­hil­fe von Mes­sun­gen der gegen­wär­ti­gen Wirt­schafts­la­ge das Preis­ni­veau des Euros ana­ly­siert wer­den. Dazu wird die Real­wirt­schaft, die Ent­wick­lung der Wirt­schaft (z.B. Ver­än­de­rung von Angebot/ Nach­fra­ge, Lohn/Kosten), mit der momen­ta­nen Geld­men­ge ver­gli­chen. Dar­aus las­sen sich sowohl Rück­schlüs­se auf kurz­fris­ti­ge Ent­wick­lun­gen des Preis­ni­veaus, als auch auf lang­fris­ti­ge Trends zie­hen. Nun kann das EZB bzw. ESZB han­deln. Eine Mög­lich­keit, das Preis­ni­veau in eine bestimm­te Rich­tung zu len­ken, sind Offen­markt­ge­schäf­te. Durch geziel­tes Erhö­hen des Leit­zin­ses der Euro­päi­schen Zen­tral­bank, wel­che Geld an die Zen­tral­ban­ken der Län­der, und die­se wie­der­um an die klei­ne­ren Ban­ken bis hin zur Pri­vat­per­son ver­lei­hen, kann die Kauf­kraft sowie die Geld­men­ge auf dem Markt ver­rin­gert wer­den. Die Infla­ti­on nimmt ab, eine Defla­ti­on ist der Fall.
Der Leit­zins momen­tan liegt bei 0,05%. Die­ser nied­ri­ge Zins­satz erklärt sich durch einen kur­zen Blick auf die Geschich­te des Finanz­mark­tes. Die welt­wei­te Finanz­kri­se von 2008/9. Förm­lich über Nacht rutsch­ten sämt­li­che Bör­sen­wer­te in den Kel­ler, ein Crash, es zeig­te sich eine star­ke Defla­ti­on zu. Als der Finanz­markt sich um 2012 zu sta­bi­li­sie­ren schien, mel­de­te Grie­chen­land das Staats­bank­rott. Eine Kata­stro­phe. Unter­neh­men sowie Pri­vat­per­so­nen, aber auch Ban­ken besit­zen kein Geld, um mit die­sem zu wirt­schaf­ten oder sehen zu hohe Risi­ken in Anla­gen. Es ist wie eine Ket­ten­re­ak­ti­on. Um der kom­men­den Defla­ti­on ent­ge­gen­zu­wir­ken, senk­te man den Leit­zins ste­tig um die Ver­brau­cher zum Inves­tie­ren zu “Ani­mie­ren”. Viel “Luft nach oben” oder bes­ser gesagt “nach unten” gibt es nicht mehr. Das Instru­ment “Leit­zins” stößt hier an sei­ne Gren­zen. Des Wei­te­ren bedient sich die EZB auch ande­rer Regu­la­ti­ons­me­cha­nis­men, wie dem Kauf von Staats­an­lei­hen. Dadurch ermög­li­chen sie Staa­ten, die als siche­re Kre­dit­neh­mer gel­ten, Geld anzu­le­gen und ihre Bevöl­ke­rung zu unter­stüt­zen. Hier­aus erhofft sich die EZB eine Erhö­hung der staat­li­chen Ankauf­kraft und letz­ten Endes eine anstei­gen­de Infla­ti­ons­ra­ten.
Was bei genaue­rem betrach­ten der Geld­po­li­tik sicher deut­lich wird, ist die Wech­sel­be­zie­hung zwi­schen Pri­vat­per­so­nen und Finanz­markt. Der Finanz­markt ist auf die Kauf­kraft der Unter­neh­men und der Ver­brau­cher ange­wie­sen, der Leit­zins legt fest für wel­chen Pro­zent­satz die jewei­li­gen Kun­den ihren Kre­dit bekommt, wie hoch Löh­ne sind und wie teu­er bzw. güns­tig die all­täg­li­chen Kon­sum­gü­ter sind.
All­ge­mein wur­de der Vor­trag sehr posi­tiv auf­ge­fasst und die Schü­ler beka­men zum Schluss noch die Mög­lich­keit, Fra­gen zu stel­len. Gut war zudem die visu­el­le Unter­stüt­zung des Vor­tra­ges durch eine Power­Point Prä­sen­ta­ti­on, die die Schü­ler aus­ge­druckt beka­men, damit sie sich zusätz­lich Noti­zen machen, oder die Sachen noch ein­mal in Ruhe nach­voll­zie­hen konn­ten. Die Ver­an­stal­tung dien­te als gute Ergän­zung des nor­ma­len Sozi­al­kun­de Unter­richts, da einem der Kon­text aktu­el­ler Nach­rich­ten aus dem Bereich Wirt­schaft jetzt etwas weni­ger fremd erschei­nen.
Meret Kni­el, Johan­na Tous­saint (Q2)
Bild: Dani­el Land, Deut­sche Bun­des­bank (Foto­graf: Tim Brang)