75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz – doch statt aus der Geschichte zu lernen, nehmen Nationalismus und rechter Terrorismus nicht nur in Deutschland wieder zu! Mehr aus aktuellem Anlass als aus reiner Erinnerungskultur heraus ist es also notwendig, sich erneut und immer wieder zu vergegenwärtigen, innerhalb welcher Strukturen und mit welcher Motivation die führenden Köpfe des Nationalsozialismus sowie der sogenannte Durchschnittsdeutsche in der NS-Zeit agierten.
Mit wenigen Unterbrechungen seit nunmehr 16 Jahren bringen die Hannoverschen Kammerspiele das Programm „Arzt hätt‘ ich nicht werden dürfen“ – das Eichmann-Protokoll auf die Bühne, um u.a. Schülerinnen und Schülern das historische Fallbeispiel Adolf Eichmann näher zu bringen. So auch am 28. Februar bei uns in Steinfeld: In der ersten Hälfte standen die zwei Schauspieler im Vordergrund, die – vor sparsamster Kulisse und mit wenigen Gesten – das gesprochene Wort in den Vordergrund rückten. Überaus eindrucksvoll zitierten sie aus den Verhörprotokollen des Eichmann-Prozesses, gaben erklärende Informationen aus seiner Biographie und erstellten so sehr überzeugend das Bild eines hauptverantwortlichen, völlig skrupellosen Täters, der sich selbst lediglich als fleißigen, unideologischen Befehlsempfänger verstanden wissen wollte, der damit keinerlei Schuld auf sich geladen habe. 200 Oberstufenschüler und Neuntklässler verfolgten gebannt, wie Eichmann seine Verstrickung in die Deportation und Ermordung von Millionen von Juden zu rechtfertigen versuchte.
Im zweiten Teil der Veranstaltung hatten nun unsere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, den beiden Experten für Adolf Eichmann und den Holocaust Fragen zu stellen, die diese äußerst kundig und ausführlich beantworteten. „Hat Eichmann seinen eigenen Ausführungen etwa Glauben geschenkt?“, „Wie ist es möglich, dass ein Volk aus der Zivilisation abrutscht und sein Wissen und seine Tatkraft in den Massenmord und den Aufbau von Konzentrationslagern investiert?“, „Wie gelang Eichmann und anderen Nazi-Größen die Flucht und wie wurde man ihrer habhaft?“ und „Was können wir aus der NS-Zeit für heute lernen? Gibt es Parallelen zum aktuellen Rechtsruck in Europa und in der Welt?“ – Dies waren nur einige Fragen unserer Schüler, die einerseits zeigen, wie sehr sie die Veranstaltung betroffen machte, und die andererseits von ihrem Bewusstsein zeugen, dass sich Geschichte hier nicht wiederholen darf und jedem Rechtsradikalismus, Intoleranz, Diskriminierung, Nationalismus die Stirn geboten werden muss. Das Böse mag banal auftreten, seine Folgen sind es jedoch nie.
Wir danken den Hannoverschen Kammerspielen und ihren beiden Protagonisten sehr für die überaus gelungene und lehrreiche Veranstaltung!!
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